VES/ECAD-Projektgruppen

Aufgabenstellung und Zielsetzung

Die Bordnetzentwicklung ist ein mehrstufiger, stark arbeitsteiliger Prozess, in dem ein hochgradig individualisiertes, komplexes Produkt entsteht. Um diesen Prozess effizient zu unterstützen, definieren die im Vehicle Electrical System Workflow Forum (VES WF) mitarbeitenden Automobilunternehmen und Lieferanten den „Vehicle Electric Container“ (VEC) als vollständiges digitales Produktmodell und entwickeln Methoden für eine unternehmensübergreifende, modellbasierte Entwicklung. Neben der Weiterentwicklung und Wartung der Standards „Vehicle Electric Container“ (VEC, PSI-21 / VDA 4968) und „Kabelbaumliste“ (KBL, PSI-19 / VDA 4964) erarbeitet die Projektgruppe Implementierungsleitfäden und Use-Case-bezogenen Tutorials, um die Ausbildung von Dialekten zu unterbinden.
Das ECAD Implementor Forum (ECAD IF) ist die Plattform für Systemanbieter. Es unterstützt Vendoren und Anwender bei der Umsetzung und Erprobung von Lösungen, die auf den zuvor genannten Standards basieren, durch Implementierungsleitfäden und gemeinsame Testrunden. Die Aktivitäten von VES WF und ECAD IF sind eng miteinander verzahnt. Die Vendoren werden frühzeitig in den Review der Implementation Guidelines und in die Diskussion von offenen Fragen und geplanten Modellerweiterungen eingebunden.

Schwerpunkte und konkrete Ergebnisse

Da die oben genannten Standards im industriellen Einsatz sind, hat das VES WF momentan zwei wesentliche Arbeitsschwerpunkte, einerseits die anforderungsorientierte Weiterentwicklung des VEC auf Basis von Feedback aus den nutzenden Projekten, andererseits die themenorientierte Weiterentwicklung auf Basis von absehbaren zukünftigen Herausforderungen.
Im Bereich der nutzenden Projekte sind über die Umsetzungsprojekte in den individuellen Unternehmen hinaus die folgenden Initiativen besonders erwähnenswert:
1.    Die „Innovationsinitiative Leitungssatz" der ARENA2036 hat die Zielsetzung, eine höhere Automatisierung der Leitungssatzfertigung zu erreichen. Mit dem VEC-Release 2.0 (2022/2023) sind die bisher bekannten Anforderungen aus dieser Initiative umgesetzt. Damit wird es künftig möglich sein, die Automatisierbarkeit der Fertigung eines Leitungsstrangs auf Basis seiner VEC-Beschreibung zu beurteilen.
2.    Das Projekt „Verwaltungsschale für den Leitungssatz“ der ARENA2036 beschäftigt sich mit der Umsetzung der Industrie 4.0 Verwaltungsschale als interoperabler Digitaler Zwilling für die Wertkette des Leitungssatzes (inkl. Produktion). Hier wird der VEC als Teilmodell für die Spezifikation des Produkts verwendet. Im Rahmen dieser Initiative entsteht auch die „OPC UA Companion Specification Wire Harness Manufacturing“. In dieser werden für die Spezifikation des Produkts ebenfalls Ausschnitte des VEC-Modells verwendet. Mit dem VEC-Release 2.1 (Ende 2023/ Anfang 2024) werden auch neue Anforderung aus dem Bereich der Fertigung umgesetzt.
Im Bereich der zukunftsorientierten Themen wurden insbesondere die folgenden Arbeitspakete bearbeitet:
3.    Für den organisationsübergreifenden Austausch digitaler Änderungsumfänge wurden die Anforderungen erfasst und bewertet. Erste Lösungsideen wurden betrachtet, bewertet und grundlegende Voraussetzungen im Modell identifiziert. Um diese Voraussetzungen für zukünftige Lösungskonzepte nutzen zu können, wurden bereits erste Erweiterungen für das VEC-Release 2.1 beschlossen.
4.    Die industrielle Cloud mit neuen Kollaborationskonzepten, Softwarearchitekturen und aktuellen Initiativen wie Catena-X versprechen Potentiale, stellen aber auch neue Anforderungen an die Informationsbereit- und darstellung. Hierzu finden derzeit Überlegungen statt, wie das Modell des VEC und seine technischen Repräsentationen dazu stehen. Auch deshalb stellte die Projektegruppe den diesjährigen VEC Day im Rahmen des Bordnetzkongresses in Landshut unter das Motto „Bordnetzentwicklung in der Cloud“. Interessante Vorträge setzten Akzente und wurden durch eine interaktive Podiumsdiskussion abgerundet.
Das ECAD IF hat sich als Austauschplattform für die Implementierer bewährt. Es wird intensiv genutzt, um vor der Umsetzung von VEC-Konzepten Implementierungsfragen zu klären. Damit konnte sicher die eine oder andere Dialektbildung vermieden werden. Die bei der Validierung der bereitgestellten Testdaten identifizierten Fehler wurden an die Beteiligten zurückgespiegelt. Die daraus gewonnenen Erkenntnisse waren auch Auslöser für die Behebung von VEC Bugs oder die Erstellung neuer Implementation Guidelines.

Organisatorische und technische Herausforderungen

Die im Verlauf der Corona Pandemie etablierte Online-Zusammenarbeit per Teams eignet sich gut für die Bearbeitung einfacher Issues. Sie versagt aber bei Aufgabenstellungen, die kreative Prozesse für komplexe Themen mit hohem Interaktionsanteil erfordern. Die Rückkehr zu regelmäßigen Präsenz-Workshops im vergangenen Jahr war für die zum Teil sehr innovativen und diskussionswürdigen Inhalte erfolgskritisch. Einzelne Reisebeschränkungen haben aber dazu geführt, dass die Präsenztreffen meist auch „hybrid“ angeboten wurden. Die Teilnehmer*innen des ECAD IF haben die regelmäßigen, zweiwöchigen Teams-Meetings mit einstündiger Dauer gut aufgenommen. Sie vermissen die Präsenzveranstaltungen für Routineabstimmungen nicht, bevorzugen sie aber für Hands-on-Workshops. Die Einsparung von Kosten und Reisezeit wird allgemein begrüßt.

Die Planungen für das laufende Jahr 2024

Das sicher heißeste Thema im kommenden Jahr wird die Erweiterung des VEC in Richtung „verteiltes Modell“ für die Cloud-basierte, unternehmensübergreifende Verarbeitung von Bordnetzdaten. Ergänzend dazu erfolgt die Umsetzung der Anforderungen für den organisationsübergreifenden Austausch digitaler Änderungsumfänge, die sicher auch von den Erweiterungen für das „verteilte Modell“ profitieren kann. Darüber hinaus wird die Bearbeitung und Umsetzung von VEC-Issues und die Erstellung weiterer Implementierungsleitfäden auch im Jahr 2024 maßgeblicher Arbeitsinhalt des VES WF sein. Das ECAD IF plant die Durchführung von Testrunden im Bereich Stammdaten, Schaltplan und Wiring.

Das sagt die Projektkoordination:

„Dank der guten Zusammenarbeit und der intensiven Mitarbeit aller Projektbeteiligten konnten wir interessante neue Themen in Angriff nehmen. Die aktive Nutzung der bereitgestellten Tools wie Jira, Confluence oder Wiki erleichtert die Koordination immens.“

Das sagt der ECAD-IF Projektpartner Aucotec:

„Um Bordnetze effizient entwickeln und fertigen zu können, müssen die Bordnetzdaten zuverlässig und vollständig zwischen allen am Prozess beteiligten Partnern ausgetauscht werden. Dafür ist ein zukunftsfähiges Format wie der VEC (Vehicle Electronic Container) erforderlich. AUCOTEC hat die Definition dieses Formats von Anfang an begleitet und seine Anforderungen und Erfahrungen in den Normungsprozess eingebracht. Deshalb sind wir dem ECAD-IF beigetreten.“

Projektleitung

Pate WF, IF
Jorgos Kyriazis, Volkswagen AG

prostep ivip Kontakt (Koordination)

Dr. Max Ungerer
+49(0)178-950 9373
max.ungerer@prostep.com

Teilnehmer

VES Workflow Forum:
Aptiv Services Deutschland GmbH
BMW AG
Leoni Bordnetz-Systeme GmbH
Lisa Dräxlmaier GmbH
Mercedes-Benz AG
Nexans autoelectric GmbH
Sumitomo Electric Bordnetze SE
Volkswagen AG
Yazaki Systems Technologies GmbH

ECAD Implementor Forum:
Soft GmbH
Aptiv Services Deutschland GmbH
AUCOTEC AG
PROSTEP AG
Siemens Electronic Design Automation GmbH
smartcable GmbH
Vector Informatik GmbH
Volkswagen AG