Langzeitarchivierung und Retrieval (LOTAR)

Aufgabenstellung und Zielsetzung

Flugzeuge haben sehr lange Lebenszyklen. Zwischen dem ersten Entwurf für ein neues Programm und dem Lebensende des letzten ausgelieferten Exemplars können 80 Jahre liegen. Während des gesamten Produktlebenszyklus müssen die für Archivierung und Wiederabruf definierten Daten in einem standardisierten Format zur Verfügung gestellt werden, welches unabhängig von Änderungen an der ursprünglichen IT-Umgebung gelesen und wiederverwendet werden kann. Das sicherzustellen ist Ziel von LOTAR.
LOTAR ist ein Projekt, das unter der gemeinsamen Schirmherrschaft der Luftfahrtindustrieverbände AIA und ASD, sowie von PDES, Inc. und prostep ivip Verein steht. Es hat die Entwicklung, Umsetzung, Erprobung, Pilotierung, Veröffentlichung und Pflege von Standards für die langfristige Archivierung und den Abruf digitaler Produkt- und technischer Informationen zum Ziel. Dazu zählen u.a. CAD- und PDM-Daten, Verbundwerkstoffe, Kabelbäume, MBSE-Artefakte und CAE-Simulationsdaten. Die mehrteilige Norm beschreibt sowohl den Informationsinhalt als auch die Prozesse für Aufnahme, Speicherung, Verwaltung und Informationszugriff. Die Dokumente werden als Teile der Normenreihe EN/NAS-9300 veröffentlicht.

Schwerpunkte und konkrete Ergebnisse

Grundlagen und Prozesse:
Die Arbeitsgruppe B&C, die sich mit den Grundlagen und Prozessen beschäftigt, hat im letzten Jahr die LOTAR-Standardstruktur (Teil 001) sowie die Begriffe und Referenzen (Teil 007) in einer neuen Version veröffentlicht und die Grundlagen und Konzepte (Teil 003) zur externen Abstimmung bei AIA und ASD vorgelegt. Die begrenzte Verfügbarkeit von Ressourcen und Fachwissen konnte nur durch die Einbeziehung externer Experten aufgefangen werden.

3D-Mechanik:
Die Arbeitsgruppe 3D-Mechanik mit Fertigungsinformationen (PMI) hat mit der Überarbeitung des Standards für explizite CAD-Baugruppenstruktur (Teil 115) begonnen. Außerdem hat sie in Zusammenarbeit mit dem CAx-IF, Teil des gemeinsamen MBx Interoperability Forum von AFNeT, PDES, Inc. und prostep ivip Verein, ein Pilotprojekt gestartet, um die Richtlinien für die Implementierung von PMI auf Baugruppenebene in STEP AP242 XML zu aktualisieren.

PDM:
Die PDM-Arbeitsgruppe hat die erste Ausgabe der Norm für Produktdaten in der "as planned"-Phase (Teil 230) vorbereitet und das Feedback aus der externen Abstimmung zur Veröffentlichung von Produktdaten in der "as designed"-Phase (Teil 210) überprüft. Außerdem arbeitete sie gemeinsam mit dem PDM-IF (Interoperability Forum) weiter an der Definition von gemeinsamen Anwendungsfällen.

Verbundwerkstoffe:
Die Composites-Arbeitsgruppe arbeitete an der Weiterentwicklung von STEP AP242 Ed.4, mit dem Ziel, begrenzte Längen- und Anwendungsindikatoren (LLAI) in das Anwendungsprotokoll aufzunehmen. Außerdem beteiligte sie sich an einem neuen Projekt, das die Verwendung von Verbundwerkstoffdaten in nachgelagerten Fertigungs- und NC-Prozessen ermöglichen soll. Und sie verfeinerte die Anforderungen an die Langzeitarchivierung von Verbundwerkstoffdaten.

Elektrischer Kabelbaum:
Ziel der Arbeitsgruppe ist die Ermittlung und Pflege der für die Definition eines Kabelbaums erforderlichen Daten. Die Entwurfs- und Analyseprozesse müssen sowohl elektrische (ECAD) als auch mechanische (MCAD) Daten umfassen. Das Team konzentrierte sich in erster Linie auf die Kabelbaum-Inhalte des AP242 Domain Models und unterstützte das Interoperability Forum für Electrical Wiring Interconnection Systems (EWIS-IF) bei seiner Arbeit.

MBSE:
Die MBSE-Arbeitsgruppe konzentrierte sich auf die Fertigstellung des Standards für die allgemeine MBSE-Archivierung (Teil 500) und machte Fortschritte bei der Archivierung von Simulations- und Analysemodellen (Teil 520). Sie knüpfte enge Verbindungen zur INCOSE-Gemeinschaft und präsentierte die LOTAR-Spezifikationen auf dem INCOSE International Workshop und Symposium. Auch auf der 15. Modelica Konferenz stellte sie die LOTAR MBSE-Ergebnisse vor. Außerdem unterstützte sie den MBSE-Stream auf dem Global Product Data Interoperability Summit (GPDIS).

Organisatorische und technische Herausforderungen

Standards für die Langzeitarchivierung zu schaffen, erfordert sowohl technisches als auch archivierungsspezifisches Know-how. Die Schwierigkeit besteht darin, dass die Ressourcen der Mitglieder begrenzt sind und die Experten oft in mehr als einer LOTAR-Arbeitsgruppe mitarbeiten. Dies bremst den Fortschritt in einigen Arbeitsgruppen.
Auch die unterschiedlichen redaktionellen Anforderungen an die LOTAR-Standards in Europa und Amerika stellen nach wie vor eine Herausforderung dar. Jedoch wurden mit ASD und AIA Fortschritte bei der Abstimmung erzielt. Den Workshop im 3. Quartal im Rahmen mit der GPDIS-Konferenz zu veranstalten, hatte zwar den Vorteil, dass wir für LOTAR werben konnten, führte aber dazu, dass wir weniger Zeit für Teambesprechungen hatten.

Die Planungen für das laufende Jahr 2024

Auf die Arbeitsgruppen wartet im laufenden Jahr viel Detailarbeit. So wird das B&C-Team den Überblick über den Datenfluss für die externe Abstimmung vorbereiten und die Teile zur Authentifizierung und Verifizierung, Datenaufbereitung und Datenübernahme ins Archiv überarbeiten. Das PMI-Team wird die Dokumente für Geometriedaten mit grafischen und semantischen PMI und für die CAD-Struktur überarbeiten und mit der Dokumentation der Anforderungen an die Archivierung von CAD-Baugruppenstrukturen mit semantischem PMI beginnen.
Neben der Veröffentlichung von Teil 210 und der Abstimmung von Teil 230 wird die PDM-Arbeitsgruppe gemeinsam mit dem PDM-IF die Aktualisierung der Validierungseigenschaften für Produktdaten vorbereiten. Die Composites-Arbeitsgruppe hat sich zum Ziel gesetzt, Vorschläge zur Verbesserung des Verbundwerkstoff-Datenmodells in STEP AP242 Ed. 5 zu unterbreiten. Das Elektrik-Team will die Grundlagen und Konzepte für die Archivierung von elektrischen Signierdaten fertigstellen und Anforderungen an die Archivierung von physischen Kabelbäumen für Signier- und Konstruktionszwecke definieren.
Die MBSE-Arbeitsgruppe plant die Fertigstellung und Veröffentlichung der Grundlagen und Konzepte für die MBSE-Langzeitarchivierung sowie die Ausarbeitung der spezifischen Teile für die Archivierung von Analysemodellen und Anforderungen. Diese Teile umfassen Dokumentation, Schemaformalisierung (XSD/OWL) sowie Modellbeispiele und Implementierungen von Tool-Prototypen für Archivierung und Retrieval. Schließlich plant das Team die Wiederverwendung der Lösungen für die MBSE-Modellintegration bei der Zusammenarbeit im Bereich Archivierung und Retrieval.

Das sagt die Projektkoordination:

„Im Jahr 2023 haben wir die Fortschritte von LOTAR auf mehreren großen Konferenzen präsentiert, darunter prostep ivip Symposium und GPDIS. Dadurch konnten wir das Interesse potenzieller neuer Mitglieder wecken. Dank der engeren Interaktion mit den Benutzergruppen innerhalb des MBx-IF konnten wir außerdem die Anforderungen der Luftfahrtindustrie an die Langzeitarchivierung mit den Engineering-Anforderungen anderer Branchen abstimmen.“

Das sagt die Projektleitung:

„Im nächsten Jahr wollen wir gemeinsam mit Sponsoren und Teilnehmern aus der Industrie die Arbeitsgruppe „Engineering Analysis & Simulation“ wieder aktivieren. Wir erwarten von den Projektpartnern, dass sie die notwendigen Ressourcen bereitstellen, um die Weiterentwicklung der Normen in diesem Bereich abschließen zu können. Außerdem möchten wir neue Teilnehmer gewinnen, die sich für Themen wie Elektronik, Software (z. B. Avionik, Flugsteuerung) und Metrologie interessieren.“

Projektleitung

Amerikas: Jeff Klein, The Boeing Company
Europa: Bernd Feldvoss, Airbus

prostep ivip Kontakt (Koordination)

PDES, Inc:   
Jeff Holmlund, +1 (817) 655-6763, jeffrey.a.holmlund(at)lmco.com
Phil Rosché, +1 (843) 847-9807, phil.rosche(at)accr-llc.com

prostep ivip: 
Jochen Boy, +49(0)6151 9287 382, jochen.boy(at)prostep.com

 

Teilnehmer

:em AG
PROSTEP AG
Schaeffler AG